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Lied für den Ausländer
(Deutsch von Leobald Loewe, Juli 2007
frei nach "Chanson pour l'Auvergnat" von Georges Brassens)

Dieses Lied, es ist für Dich, *
Händler, der Du bereitwillig
vier Scheite Holz gegeben hast,
als mich einst die Kälte erfasst'.
Du warst es, der mir Wärme gab,
· als der Betuchte [/Spießer] sich knaus'rig gab,
alle, die's wohlmeinen, schlugen im Nu
die Tür vor der Nase mir zu.
Das bisschen Holz in kalter Zeit
wärmte den Leib ein wenig, doch
· in meiner Seele brennt es noch
wie ein Feuer aus purer Freud'.

Händler, wenn Dir die Stunde schlägt,
wenn Dich der Tod nach oben trägt,        
führe er Dich zum Himmel gleich
ins ewige Reich.

Dieses Lied, es ist für Dich, *
Wirtin, die Du bereitwillig
vier Scheiben Brot gegeben hast,
als mich einst der Hunger erfasst'.
Du warst es, die mir zu Essen gab,
· als der Satte sich knaus'rig gab,
alle, die's wohlmeinen, fanden es schön,
mich am Hungertuch nagen zu sehn.
Das Bisschen Brot in kalter Zeit
wärmte den Leib ein wenig, doch
· in meiner Seele schmeckt es noch
wie ein Festmahl aus purer Freud'.

Wirtin, wenn Dir die Stunde schlägt,
wenn Dich der Tod nach oben trägt,        
führe er Dich zum Himmel gleich
ins ewige Reich.

Dieses Lied, es ist für Dich, *
Ausländer, der Du bereitwillig
freundlich mir zugelächelt hast,
als mich die Gendarmen gefasst.
Du hieltest Dich vom Jubel fern,
· als die besseren Damen und Herr'n,
alle, die's wohlmeinen, lachten nur,
wie man ins Gefängnis mich fuhr.
Das bisschen Trost aus Freundlichkeit
wärmte den Leib ein wenig, doch
· in meiner Seele strahlt es noch
wie ein Sonnenlicht aus purer Freud'.

Ausländer, wenn Dir die Stunde schlägt,        
wenn Dich der Tod nach oben trägt,        
führe er Dich - zum Himmel schnell
zum père éternel.


Zusätzliche Strophe
Dieses Lied, es ist für dich
Kumpel, der du bereitwillig
mir meinen Job gerettet hast
als ich meine Ziele verpasst'.
Du nahmst nicht Deine Chance wahr
als ich schwach und verletzlich war
alle, die's wohlmeinen, lauerten nur
dass ich meine Stelle verlör’!
Das bisschen Solidarität
rettete mir die Arbeit, doch
in meiner Seele lebt sie noch
auch wenn man das heut’ nicht versteht

  Kumpel, wenn Dir die Stunde schlägt
  wenn Dich der Tod nach oben trägt
  führe er Dich zum Himmel gleich
  ins ewige Reich

Anmerkung des Übersetzers: Dieses berühmteste Lied von Brassens hat als Vorbild offenbar das biblische Gleichnis vom barmherzigen Samariter.
In Frankreich gelten die „Auvergnat“s, die Bewohner der Region „Auvergne“ im Zentralmassiv, als einfache, rustikale und eher geizige Menschen, ähnlich wie die Samariter im antiken Palästina. Im Neunzehnten und Anfang des Zwanzigsten Jahrhunderts unterhielten in Paris viele Landflüchtlinge aus der Auvergne kleine Wein-, Holz- und Kohlenläden, weswegen dort bald alle kleinen Brennstoffhändler „an der Ecke“ „Auvergnat“ genannt wurden. Das Wort „Auvergnat“ wurde gar zum Schimpfwort für „unzivilisierte“ Zuwanderer aus der Provinz, auf die der feine Pariser von oben herab schaut. Um diesen Aspekt deutlicher herauszustellen und die Intentionen Brassens’ für deutsche Ohren verständlicher zu machen, heißt meine Nachdichtung nach der dritten Strophe „Lied für den Ausländer“ (Das Wort „étranger“ wird in der französischen Umgangssprache in den meisten Fällen eher in seiner Bedeutung „Ausländer“ denn als „Fremder“ gebraucht).
Zu „Reiche“, „Satte“ und „bessere Damen und Herrn“: „le croquant“ (der Knabbernde, auch der Bauernlümmel) leitet sich ab von „croquer“ = knuspern, zerbeißen, verschwenden. Die „croquants“ bei Brassens sind nicht einfach „Bauernlümmel“, sondern eher reiche Bauern, die ihren Reichtum unlauter erworben haben wie z.B. jene, die sich bei Hamsterverkäufen Ende des 2. Weltkriegs eine goldenen Nase mit der Not der Anderen verdient hatten, worauf Brassens hier offenbar anspielt. Nur so macht die Zeile m.E. „les croquantes et les croquants“ ("die Verschwenderinnen und die Verschwender" mit Anspielung auf die "Bauern") überhaupt Sinn. Der Protagonist dieses Liedes, ein Bettler, bedankt sich bei denen, die normalerweise selbst nichts zu verschenken haben wie der (Kohlen-)Händler/Auvergnat/Samariter, die Wirtin und der Ausländer, aber über ihren Schatten springen, während die "Wohlmeinenden", die im Überfluss haben, ihn im Regen stehen lassen.

Song for the foreigner

It is for you, this little song
you, dealer, who without any fuss
gave me four pieces of firewood
as once in my life it was cold. 
You was it, who gave me some warmth
while the babbitts were tightfisted 
all these well-meaning people they
slammed the door in my face

It was only a fire of wood
but it warmed my body somewhat
deep in my soul it still burns
like a fire, made out of pure joy

You, dealer, when you're going to die
when the undertaker takes you away
he shall lift you straight up to heaven
to the eternal father

It is for you, this little song 
you, hostess, who without any fuss
gave me four slices of bread
as once in my life I was hungry  
You was it, who gave something to eat
while the sated were tightfisted 
all these well-meaning people, they 
enjoyed to see me starving

They were only some pieces of bread
but they warmed my body somewhat
deep in my soul they still taste
like a feast-meal, made out of pure joy

You, hostess, when you're going to die
when the undertaker takes you away
he shall lift you straight up to heaven
to the eternal father

This little song, it is for you 
Foreigner, who without any fuss
kindly passed a smile to me
as once I was caught by the police
You kept yourself apart from these
better ladies and gentlemen,
all these well-meaning people, who 
laughed, while I was taken to jail

This little bit of consolation
warmed my body somewhat
but deep in my soul it shines
like a sunshine, made out of pure joy

Foreigner, when you're going to die
when the undertaker takes you away
he shall lift you straight up to heaven
to the eternal father
Beppe Chierici: Canzone per gente anonima

Questa canzone è per te,
per te contadino che senza un perchè,
hai messo legna nel mio fuoco
che ormai mi scaldava ben poco!
Tu mi hai voluto riscaldare,
mentre i borghesi, i benpensanti,
e quelli che un giorno saran santi
volevan vedermi gelare!

 Non è gran cosa un ciocco di legno
 ma tutto il corpo mi scaldò,
 e nel mio cuor c'è sempre il segno
 di quello splendido falò!

  Tu contadino, quando morrai,
  e col becchino te e andrai,
  lui non ti porterà all'inferno
  ma dal padreterno.

Questa canzone è per te,
per te taverniera che senza un perchè
mi hai dato un pezzo del tuo pane
quel dì che morivo di fame.
Tu mi hai offerto da mangiare,
mentre i borghesi, i benpensanti,
e quelli che un giorno saran santi
ridevan del mio digiunare!

 Non è gran cosa un tozzo di pane
 ma tutto il corpo mi scaldò
 e il suo ricordo in me rimane,
 un gran festino mi sembrò.

  Tu taverniera, quando morrai,
  e col becchino te andrai,
  lui non ti porterà all'inferno
  ma dal padreterno.

Questa canzone è per te,
per te sconosciuto che senza un perchè
con aria mesta mi hai sorriso
mentre ero arrestato e deriso!
Tu non provasti alcuna gioia
mentre i borghesi, i benpensanti,
e quelli che un giorno saran santi
per me auspicavano il boia!

 Non è gran cosa un mesto sorriso,
 ma tutto il corpo mi scaldò.
 E mi sentii in paradiso
 ancor da vivo e mi bastò!

  Tu sconosciuto, quando morrai,
  e col becchino te ne andrai,
  lui non ti porterà all'inferno,
  ma dal padreterno.